Das Land Baden-Württemberg arbeitet seit einiger Zeit an einer „Digitalen Bildungsplattform“, die Lehrer, Eltern und Schüler besser vernetzen und eine ganze Reihe an digitalen Hilfsmitteln für den Schulalltag bereitstellen soll. Generell eine tolle Sache und es ist wirklich an der Zeit, dass hier an übergreifenden Lösungen gearbeitet wird.

Die digitale Bildungsplattform ella@bw wurde erstmal auf Eis gelegt
Was bisher geschah
Als wir im Rahmen der Learntec im Januar 2018 erstmals einzelne Bestandteile der geplanten Plattform „ella@bw“ zu sehen bekamen, waren wir erstmal skeptisch. Die Auswahl der verwendeten Tools, die Aufmachung und vor allem eine zum damaligen Zeitpunkt nicht vorgesehene App für Smartphones oder Tablets ließ uns stutzig werden. Da wir aber generell allem neuen offen gegenüber stehen, gaben wir dem ganzen eine Chance und warteten gespannt auf die weiteren Entwicklungen.
Einige Zeit später entdeckten wir ein Video, auf dem die zentralen Inhalte der geplanten Plattform vorgestellt werden. An dieser Stelle wollten wir eigentlich das Einführungsvideo von „ella@bw“ verlinken, aber dieses wurde leider – wie auch mittlerweile die komplette Webseite zu „ella@bw“ – gelöscht. Dieses Video zeigte zwei Lehrer, einen älteren Mann (Herr Müller) und eine junge Frau (Frau Meier). Die Frau war Technik und Digitalem aufgeschlossen, der Mann dagegen war sehr skeptisch und fürchtete sich um seine Daten. Die Plattform hätte „alles was Frau Meier braucht und Herrn Müller zufriedenstellt“. Dieser Satz wirkt sehr ernüchternd. Eine digitale Plattform sollte nicht zufriedenstellen, sondern einem begeistern und den täglichen Lehreralltag erleichtern. Aber tatsächlich hatten wir das Gefühl, dass die Plattform den Lehreralltag eher erschweren würde. Es sah aus wie ein Flickenteppich verschiedener Open-Source-Produkte, die teilweise einzeln schon nicht zu empfehlen gewesen wären, aber hier auch noch kompliziert und benutzerunfreundlich miteinander verknüpft worden wären. Von diesem Zeitpunkt an, wich unsere Skepsis langsam aber sicher der Gewissheit, dass das, was da auf uns zukommen sollte, niemals die Anforderungen würde erfüllen können, die ein moderner Schulalltag in einer digitalisierten Welt an eine solche Plattform stellt. Nun, Mitte September 2018, ist „ella@bw“ erstmal gescheitert. Das Kultusministerium hat den Entwicklern das Projekt entzogen und plant eine neue Ausschreibung.
Ein neuer Anfang
Anstatt an dieser Stelle lang und breit darauf hinzuweisen, warum die ursprünglich geplanten Funktionen – wenn sie jemals funktioniert hätten – kaum für einen sinnvollen Einsatz nutzbar gewesen wären, wollen wir den Anlass nutzen, um nach vorne zu blicken. Was sollte das Land und die neuen Entwickler aus unserer Sicht bei der Neugestaltung von „ella@bw“ beachten, damit Eltern, Schüler und Lehrer wirklich einen Mehrwert haben und unser Bundesland wirklich ein Vorzeigeprojekt im Bildungssektor etabliert.
Einige Zentrale Funktionen von „ella@bw“ sollten/sollen sein:
- E-Mail, Kontakte, Kalender, Aufgaben
- Cloud-Speicher
- Office-Lösung
- Lernmanagementsystem
- Kommunikation und Videokonferenzen
Betrachten wir einige Punkte davon im Detail:
E-MAIL/KOMMUNIKATION
Das Ziel allen Lehrern in Baden-Württemberg eine einheitliche dienstliche Mailadresse einzurichten ist absolut richtig und schon lange überfällig. In keinem großen Unternehmen könnte man sich vorstellen, dass die Mitarbeiter mit privaten Mailadressen untereinander und mit Kunden kommunizieren. Dies ist an unseren Schulen leider Alltag. Allerdings muss eine moderne Lösung hier viel weiter gehen. Das Kommunikationsmedium E-Mail spielt im normalen Alltag eine immer unwichtigere Rolle, längst haben Messengerdienste wie WhatsApp oder Threema die Rolle des zentralen Kommunikationsmediums eingenommen. Die Organisationsmöglichkeiten für eine größere Gruppe von Teilnehmern (wie einer Klasse oder Lerngruppe) sind über diese Kommunikationswege einfach und effektiv. Zusammen mit der Möglichkeit schnell Dateien, Bilder und Videos zu versenden, eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten der Gestaltung des Schulalltags.

WhatsApp ist das heimliche zentrale Kommunikationsmedium an deutschen Schulen geworden und das obwohl eine Nutzung von offizieller Seite eigentlich untersagt wird. Wann kommt hier eine offizielle Lösung vom Land?
Da die Server dieser Apps aber nicht innerhalb Deutschlands stehen und deren Datenschutz Vorgaben mit unseren Richtlinien nicht übereinstimmen, sind diese – aus der Sicht der Verantwortlichen – im Schulalltag eigentlich nicht zugelassen. Der Alltag an vielen deutschen Schule sieht aber ganz anders aus. Eine moderne Lernplattform sollte daher, neben der klassischen E-Mail-Funktion, einen Messenger enthalten der sich an WhatsApp orientiert, nur eben die Datenschutzrichtlinien erfüllen kann. Die Kommunikation mit Eltern, das Weitergeben von Informationen, das Einreichen von Entschuldigungen an den Klassenlehrer – vieles ließe sich mit einem solchen Messenger einfach regeln. Implementiert man darin noch eine Verwaltungsfunktion für die zeitliche Erreichbarkeit, schafft man auch die Sicherheit, eine Nachrichtenflut in der Freizeit zu unterbinden.
CLOUD-SPEICHER
Ein Cloud-Speicher zum Austausch unter Kollegen, aber auch zur Bereitstellung von Materialien für die Schüler ist ebenfalls eine löbliche Sache. Aber auch hier muss die Umsetzung den aktuellen Standards entsprechen. Eine fließende Einbindung in alle gängigen Apps auf Smartphones und Tabletts muss ebenso möglich sein, wie das einfache Hinzufügen von Dateien per Drag and Drop auf einem Laptop oder Desktoprechner. Jegliche Browserlösungen sind umständlich und werden im Alltag auf keinerlei Akzeptanz stoßen.
OFFICE-LÖSUNG
Im Schulalltag werden Lehrer, Schüler und Eltern mit einer Vielzahl an Dokumenten konfrontiert. Ebenso vielfältig wie deren Inhalt sind die Dateiformate, die dabei in Umlauf geraten. Ein Dokument, an dem mehrer Personen arbeiten und dass einen sinnvollen Einsatz garantiert, muss auf allen mobilen oder stationären Geräten gleich aussehen und einfach zu bearbeiten sein. Zudem sollten unseren Schüler während der Arbeit an Dokumenten, Tabellenkalkulationen und Präsentationen auf die spätere Arbeitswelt und die Anforderungen der Wirtschaft vorbereitet werden und die entsprechenden dort gängigen Programme nutzen.
Lösungen
Wir könnten zu diesen drei Punkten oder den weiteren Bestandteilen von „ella@bw“ noch eine Vielzahl an Argumenten liefern, an unserer zentralen Botschaft ändert dies aber nichts: Man muss nicht alles neu erfinden, sondern bewährte Systeme sinnvoll nutzen oder für eine Nutzung im Schulalltag anpassen.
- Die Firma heinekingmedia bietet mit der „schul.cloud“ eine datenschutzkonforme WhatsApp-Alternative. (https://schul.cloud)

schul.cloud ist ein, in der Basisversion kostenloser, datenschutzkonformer Messenger, der sich an WhatsApp orientiert.
- Office365 von Microsoft gibt es über Rahmenverträge für Schulen zu akzeptablen Preisen. Zusätzlich können Schüler und Lehrer die Programme der Office-Lösung für eine geringe jährliche Gebühr auch zu Hause nutzen.

Microsoft Office ist in den meisten deutschen Unternehmen Standard, warum nicht auch in unseren Schulen?
- Cloud-Speicher gibt es mittlerweile auch von namhaften Anbietern zu akzeptablen Preisen. Verbunden mit voller Anbindung in gängige Apps auf iOS und Android-Systemen und mit deutschem Serverstandort. (z.B. OneDrive von Microsoft oder in der Pro-Version die oben erwähnte schul.cloud von Heinekingmedia)
- Lernmanagementsysteme, Kalender, Aufgabenverwaltung: Eine Vielzahl kommerzieller Anbieter arbeitet hier an tollen Lösungen. Beispielsweise sei hier „Webuntis“ genannt, das in einer neuen Version auch die oben erwähnte „schul.cloud“ enthalten soll. Stundenplan, Vertretungsplan, Fehlzeiten, Klassenarbeitsplaner, Raumplaner, etc. alles vorhanden. Gemeinsame Arbeit an Dokumenten, Unterrichtsplanung, Korrektur von Dokumenten oder handschriftlichen Schülerarbeiten gelingt wunderbar über OneNote, kollaborativ, intuitiv und vor allem plattformübergreifend.
FAZIT
Unser Appell daher: Schluss mit der ewigen OpenSource-Mentalität und Lagerfeuerromantik. Man muss nicht immer alles selbst entwickeln, sondern einfach auch mal den Experten vertrauen, die seit Jahren erfolgreiche Programme entwickeln.
Für die Erziehung und Ausbildung unserer Schüler sollten wir auf die beste Software setzen, die auf dem Markt zu bekommen ist und dem neuesten Stand der Technik und Nutzerfreundlichkeit entspricht.
Das viele Geld und Know-How, das in die Entwicklung eigener Systeme fließt, kann man auch in die Weiterentwicklung und Anpassung bestehender Systeme investieren und eine wirkliche Verzahnung von Industrie und Schule schaffen. Ein Thema, dass man sonst nur gerne im Rahmen von Planspielen und Workshops aufgreift – warum nicht auch im Alltag?
Mich würde interessieren: Wie ist das Status Quo im Januar 2021? Mein Eindruck ist, dass jede Schule im Grunde etwas eigenes macht und viel vom persönlichen Engagement der Lehrer abhängt? Stimmt das?